Lebt eigentlich Ulrich Wickert noch? |
Zweitens beendete er die tägliche Fernsehsendung, in der er als Ansager auftrat, stets mit »einen angenehmen Abend und eine geruhsame Nacht« (zuzüglich eines neckischen Blinzelns) – eine kühne Ellipse, Vorläuferin des heute im deutschsprachigen Raum durchgesetzten »Einen schönen Tag noch!«. Dazwischen verfasste Wickert zahlreiche Bücher, die nach Kilogramm zu wichten sind, und zwar über die Überquerung des Place de la Concorde und wie sie das moderne Frankreich veränderte. Und über die Deutschen und die moralisch stabilisierende Wirkung, die sein Satz »einen angenehmen Abend und ...« auf sie bis heute ausgeübt hat. Zu beiden Problemlagen hält er Vorlesungen in mit Senior-Studenten vollbesetzten Sälen, wechselweise angekündigt mit »Die Rolle der Medien und des Moderators « und »Die Franzosen sind anders«. Auf seiner Homepage schreibt er, Herr Wickert gäbe hier »einen unterhaltsamen Einblick in die Vielfältigkeit seiner Person«. Seine vielfältige Person taucht zudem in Talkshows auf, in denen sie das Anderssein der Franzosen vehement verteidigt. Dabei kämpft Wickert leidenschaftlich gegen Wortfindungsstörungen und sogenannte Spontanwinde, erregt sich laut, weil er sich schlecht hört, und unterbricht sich gelegentlich souverän, um seine obere Zahnreihe zu stützen, die sich zu verselbständigen sucht. Er bleibt also ein Vorbild für alle, die diesen Zustand erst noch erreichen wollen. Matti Friedrich
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